Die Geburt unseres Sohnes – selbstbestimmt im Klinikalltag

Hallo ihr Lieben,

bitte entschuldigt, dass es hier seit einiger Zeit etwas ruhiger war. Unser kleiner Sohn ist letzten Sonntag geboren.

Samstag, den 24.09.2016

Nachdem ich die letzten Wochen ja immer wieder vor mich hin geweht habe, ging es mir letzten Samstag wirklich komisch. Näher beschreiben kann ich das Gefühl leider nicht, denn es war ein sehr diffuses Gefühl von „irgendwas ist los mit mir, ich kann aber nicht genau sagen was“. Mein Mann und ich waren noch etwas spazieren, bei der Post und ich ließ mir noch schnell die Haare schneiden. Auf dem Heimweg war ich schon so erschöpft, dass ich mich nur noch hinlegen wollte. Das tat ich dann auch. Der restliche Samstag verlief ruhig, immer mal wieder hatte ich Wehen. 

Sonntag, den 25.09.2016

Ich wachte gegen 5:15 Uhr auf, weil ich mal wieder auf die Toilette musste und weil ein seltsames Ziehen mich durchfuhr. Das fühlte sich irgendwie anders an, als die Wehen, die ich bis dahin gespürt hatte. Ich dachte mir noch so: „Wenn du jetzt aufstehst, platzt dir bestimmt die Fruchtblase“. Und zack! genauso war es. Ich stand auf, es machte „knack“ und schon lief es mir die Beine herunter. Zum Glück nicht so stark, wie man das immer so hört, aber man merkte es. Ich weckte meinen Mann, der ganz verdutzt und kurze Zeit später hellwach war. Ich ging ins Bad und merkte, dass die Wehen doch immer stärker wurden. Ich bestellte ein Taxi, zog mir eine (nicht lachen) eine TenaLady Damenwindel an, weil das Wasser immer wieder mal lief und suchte die letzten Sachen (Handyladekabel, Kamera etc.) zusammen. Keine 20 Minuten späten waren wir im Krankenhaus (Charité Campus Mitte) angekommen.

Wir wurden super lieb empfangen, ich wurde ans CTG angeschlossen und untersucht. Zu der Zeit war der Muttermund schon bei 4cm, was mich sehr motivierte. Ich sollte mich dann umziehen und durfte mir einen Kreißsaal aussuchen. Ich nahm den mit dem Tuch/Seil, weil ich mir mehrere Geburtspositionen angeschaut hatte, bei denen dieses Tuch hilfreich war.

Welche Position? Wo bleibt die PDA?

Da die Schmerzen immer schlimmer wurden und ich auch das Zeitfenster für die PDA nicht verpassen wollte, sagte ich meiner sehr lieben Hebamme, dass sie doch der Anästhesistin Bescheid sagen solle, dass sie doch demnächst zu mir kommen soll. Gegen 9:00 Uhr morgens kam sie dann und ich bekam meine Walking-PDA. Das heißt, dass ich mich trotz der Betäubung sehr gut bewegen konnte und nicht ans Bett gefesselt war. Die meiste Zeit stand ich, hielt mich am Tuch fest und kreiste mein Becken. Dank mehrerer Hypnobirthing-Übungen klappte das 4-8 Atmen sehr gut. Dabei atmet man 4 Sekunden lang ein und 8 Sekunden lang aus. Wenn man sich darauf konzentriert und dabei noch visualisiert, dann kommt man ganz gut durch die Wehen durch. Mein Happyplace war z.B. ein Seeufer bei Sonnenaufgang. Es war leicht warm und Anna hüpfte fröhlich um mich herum. Der Papa brachte mir frisch aufgebrühten Kaffee und eine Decke in die ich mich einkuschelte. Ich saß einfach nur an dem See und entspannte. Das klingt etwas kitschig, aber es hat mich runterkommen lassen.

img_0086img_0060img_0070

Ich versuchte z.B. bei jeder starken Wehe zu lächeln. Erstens entspannt es den Beckenboden und zweitens schüttet der Körper schmerzlindernde Hormone aus. So war ich also die ganze Zeit immer gut bei mir und meinem Körper und spürte wie der kleine Knautz durch mein Becken rutschte. Gegen Mittag war mein Muttermund vollständig eröffnet, aber das Köpfchen lag noch etwas schräg, weswegen ich noch nicht pressen durfte. Also stand ich vor dem Bett, ein Bein auf einem Hocker und kreiste mein Becken wie verrückt. Gleichzeitig sollte ich aber immer schon mitschieben. Dieses Mitarbeiten empfand ich aber als sehr viel angenehmer, als diese hilflose Eröffnungsphase. Meine Hebamme war die ganze Zeit bei mir, betreute mich sehr liebevoll und motivierte mich immerzu. Dann hatte sie leider Schichtende und musste gehen. Eine neue, liebe Hebamme kam und kümmerte sich gleich erstmal um meinen Damm. Das klingt komisch, aber sie wusste von meinen bisherigen Verletzungen und versuchte nun mit Kräutertinkturen etc. meinen Damm vorzubereiten.

Dann ging es los

Dann sollte ich mich auf die Seite legen, auf der der Rücken des Babys war. Mein anderes Bein kam in eine Stützschiene und ich sollte mitpressen. Die Ärztin und eine weitere Hebamme wurde gerufen, weil der Kopf immer wieder zurück rutschte. Hebamme 2 und mein Mann halfen dann durch etwas Druck auf meinen Bauch mit und ein paar Wehen später war unser Sohn Niclas da. Ich bekam ihn auf die Brust, die Nabelschnur ließen wir noch auspulsieren und mein Mann schnitt die Nabelschnur durch. Ich war so ergriffen und auch er, der alles diesmal hautnah miterleben durfte, war zu Tränen gerührt. Wir durften ganz lange kuscheln, dann hat mein Mann die U1 mitgemacht und ich wurde genäht. Mein alte Narbe ist aber nur minimal wieder aufgegangen. Nichts im Vergleich zur ersten Geburt. Trotz der doch langen 11h war es eine sehr schöne, ruhige Geburt. Ich war bei mir und meinem Sohn, wurde unterstützt und ermutigt. Diese 11h hat mein Kopf aber auch gebraucht um sich von den Horrorgedanken meiner ersten Geburt zu erholen. Ich jedenfalls bin mit dem Szenario „Geburt“ versöhnt. Ich fühle, dass wir komplett sind, angekommen sind. Wenn ich den kleinen Knautz hier in meinem Arm habe und anschaue, dann geht mir mein Herz über. Genauso ist es, wenn Anna ihn küsst und drückt und ihn mit Liebe überschüttet. Dann weiß ich, dass wir alles richtig gemacht haben.

img_0142

Hinterlasse einen Kommentar